der
sen
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert.
der „St. Ingberter Anzeiger“ erscheint wöchentlich füufmalz Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2 mal wöchentlich mit unterhaltungẽ
Blatt und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljährlich 1 A 60 — einschließlich Tragerlohn; durch die Post bezogen 1M 75 , einschließlich
40 ⸗Zustellungsgebühr. Die Einrückungsgebühr für die Agespaltene Garmondzeile oder deren Raum beträgt bei Inseraten aus der VPfalz 10 B, bei außerpfälzischen und solchen
auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, I5 A. Neklamen 80 . Bei Amaliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet.
22. Jahrg.
I 35
F
Deutiches Reich.
Muͤnchen, 15. Febr. (Köln. Ztg.) Von hoch⸗
stehender Seite erfahre ich, daß seitens der hiefigen
Nuntiotur Abschrift des zweiten Jaco bini—
ichen Sichrei bens vor etwa 14 Tagen den
deutschen Erzbischöfen und Bischöfen ohne jeden
Kommentar mitgetheilt worden ist. Das erjle
Schreiben sowie Franckenstein's Anfrage wurden nicht
mitgetheilt. Die Sache b weist deutlich den Wunsch
des Papstes, daß seineLnsicht über das Septennat
aicht blos zur Kenntniß der Centrumsführer und
der Abgeordneten, sondern auch der latholischen
Wähler gelange.
Der Munchener Rorrespondent der K. 3.“
hemerkt hierzu weiter: „Es ist unwahr, daß der
hiesige Nuntius Herrn zu Frankkenstein
den päpstlichen Wunsch bezüglich der Militärvorlage
bloß mit den vom Freiherrn zu Franckenstein er⸗
wähnten knappen Worten übermittelt habe. Der
Puntius theilte dem Freiherrn vielmehr den Ge⸗
ammtinhalt des papstlichen Btiefes, wie ich ganz
genau weiß. in der Haupisache fogar nach dem
Worilaut des päpstlichen Schreibens mit. Entweder
also weiß Herr zu Franckenstein nicht, daß er durch
seine Darstellung den Nuntius eines im diplomg⸗
tischen Dienst unerhötten Verhaltens bezichtigt, oder
er sucht blos seinen Lesern Sand in die Augen zu
streuen. Ehrliches Zugeständniß wäre doch vor⸗
nehmer als dies unritterliche Versteckspiel. Warum
veröffentlicht denn Herr zu Ftanckenstein die Mit ⸗
theilung des Runtius nicht im Wortlaui?!“
Studttgara, 17 gebruat. Professor
Ig in Kabensbucg, katholrscher Geistlicher
end Urheber einer Erklärung gegen das Centruͤm,
neroͤffentlicht gegen die heftigen Angriffe der Cen—
rumepresse eine ne ulie Extlärunng, in welcher
er daran erinnert, daß er schon früher mit Bil⸗
ligung des Bischofßn Hefele seinen
politischen Standpunkt eingenommen habe. Jetzt
stehe ihm noch die Anficht des Papstes zuͤr
Seite. Betrübend sei, daß die katholische Presse
aicht auf dem Boden der Wahtheit bleibe.
Mülhausen i. E., 14. Febr. Auch hier
hielt die Polizei heute Haussuchungen. Zehn Ein⸗
wohner, Angestellte in Handelsgeschäften, wurden
berhaftet. Sie sind angeschuldigt der Theil-
nahme an Deroulede's Patriotenliga. Es wurden
Schriftstücke beschlagnahmt.
Koln, 18. Febr. Der rheinische Adel
hat die Führung der katholischen bonser—
vativen Partei' übernommen und foilgen⸗
den Aufruf erlassen:
An unsere rheinischen Landsleute!— Mit auf⸗
richtiger Anerkennung haben wir dei Beginn des
Zulturkampfes auf das Centrum geblickt, als es
die latholische Fahne aufpflanzte und mannhaft
dertheidigte. Mit Schmerz aber mußten wir kon—
datieren. daß die Pariei mit der Zeit immer mehr
dahin kem, im Bunde mit Welfen und Polen auch
undeutschen Zwecken zu dienen. Besonders seitdem
urch die bochherzige Entschließung Seiner Majeftat
unseres Kaisers und Königs ein Wechselt im Kul⸗
usministerium eingetreten und durch das bereil⸗
villige Entgegenkommen Sʒy. Heiligkeit des Papstes
sich eine Verstandiguntz der dbeiden höchstene Gewel.
len der Welt, der roͤmisch⸗katholischen Kirche und
des deutschen Reiches anbahnte, dermochte die Cen⸗
anmsleitung dieser Richtung nicht im gehofften
Maße zu folgen, sondern derharrte zu sehr in ihrer
rüheren Steüung als Oppositionspartei. Jetzt im
Momente, als es qalt, das Vaterland gegen alle
auswärtigen Gefahren wehrhaft zu erhalten, ver⸗
'olgte das Centrum statt einer großen nationalen
Bolitik die Politik kleinlichsten Noͤrgelns und endigte
chließlich im offenen Bündniß mit dem demokrati⸗
chen Forischritt! Alles das trotz dringlichster Mah⸗
mng Sr, Heiligkeit unseres Kirchenoberhauptes.
Pachdem jetzt auch nach Bekanntmachung der päpst—
ichen Kundgebung die Kölner Centrumsversamm ·
ung den Beschluß gefaßt hat, den bisherigen Ver—⸗
tretern im Reichstage die vollste Zustimmung auch
zu der In der letzten Session beobachteten Haltung
auszusprechen, und alle rheinischen Wähler auffordert,
mit größter Entschiedenheit für die Wiederwahl der
alten bezw. Neuwahl gleichgesinnter Abgeordneten
für das Ceutrum des Meichstages einzutreten, hal⸗
ten wir, in voller Nebereinstimmung mit dem päpst ·
lichen Schreiben es für unsere Pflicht, unsere rhei⸗
nischen Landsleute hierdurch aufzufordern, txeü und
fest zum Kaiser zu stehen, und mit uns zusanimen⸗
uwirken für eine katholisch⸗konservative Partei.
Rheinprovinz, den 7. Februar 18873..—
(Folgen Unterschriften von 37 Namen des hohen
rheinischen Adels; an der Spitze Graf v. Fuͤrsten⸗
berge Stammheim.) W
Die Kolg. Ztg.“ bemerkt zu diesem Aufruf:
Der rheinische Adel hat durch sein Vorgehen
dem Vaterlande wie der Kirche einen großen Dienst
erwiesen; er hat aber auch der Wiederkchr friedlicher
Verhältnisse im gesellschaftlichen Leben, im persön⸗
ichen und haäuslichen Verkehr den Weg geebnet
Es war ja allmälig vielfach so weit gekommen,
daß man von Familie zu Familie die Beziehungen
ibbrach; wenn man auf ein geringeres Maß von
Unterwürfigkeit unter die jetzige Centrumsleitung
tieß, als man es selber hegte, und mehr als nach
»er religiösen Gesinnung sah man nach dem Eifer
n der Agitation für die Sache des Welfenführers.
Bindthor und Katholizismus sind aber noch lange
aicht eins; das ist offenkundig geworden. Wir ver⸗
rauen zu dem gesunden Sinn unserer katholischen
Bevolkerung, daß sie sich zahlreich von der jetzigen
TFentrumsleitung abwenden und der katholischen
Reichspartei oder wie sie sich neunt, der katholisch⸗
'onservativen Partei, beitreten wird. Daß das Vor⸗
zehen des rheinischen Adels in Westfalen und Schle⸗
ien wie in Bayern und dem übrigen Sübd ; und
Mitteldeutschland Nachahmung finden wird, des sind
—AV— —
lischen Kreisen ging längst mehr und mehr wider
die demokratische Richtung, die das Centrum anger
nommen hatte. Das jetzt offen eingestandene cen⸗
rische demokratische Wahltarteib muß auch dort die
Dinge zur Reife bringen; Wir begrüßen das Er⸗
ꝛigniß als glückverheißend für unser Vaterland und
egensvoll für die Wiederherstellung einesebrlichen
religibsen Friedens . αα
Berlin, 15. Februar“ Die „Nordd. Allg,
Ztg.“ xrproduziert die Mittheilung der „Polu,
Nacht.“, daß fie gegenüber, den Melonngen der
ultramontanen Blätter in der Lage seien auf das
hbestimmteste zu erklären, daß der Kronprinz
aiem als geäußert habe auf der Grundlage det
dreijährigen Bewilligung werde eine Verständigung
über die Militdrvorlage möglich sein.
Berlin, 18. Februar.Ueber Stettin und
Imgegend wurde infolge der Neulichen sozialistischen
kxzesse der Belagerungszustand verhängt.
Herr v. Ey nern hat in einer Rede zu Vol⸗
narstein a. d. Ruhr, wie der „Post“ von dort ge⸗
chrieben wird, folgende Mittheilung über eine
Lnterredunag mit dem Fürsten Bismarck
gemacht: „Noch vor 8 Tagen habe ich mit dem
Fürsten Bismarck gesprochen und ihn gefragt, wie
s mit Krieg und Frieden stehe. „Das wissen Sie
jerade so gut wie ich,“ habe der Reichskanzler ge—
intwortet, „wir lehen im Frieden, aber sehen Sie
uuf die Vorbereitungen Frankreichs, auf die Ba⸗
ackenbauten, auf Boulanger, auf das seit 16 Jah⸗
ten ertönende Geschrei der Patriotenliga und dann
verden Sie wissen, ob und was wir von Frank⸗
zeich zu fürchten haben“
Die mancherlei üher die signalisirte baiser—
liche Proklamation an die Reichstagswähler
amlaufenden Gerüchte erhalten jetzt sämmtlich ein
Dementi durch die anscheinend aus autoritativer
Quelle stammende Nachricht der National⸗Zeitung,
zaß eine solche Proklamatisn nicht erfolgen wird.
Wenn wir nicht irren, war es Fürst Bismarck
jelbst. welcher im Reichsstage die erste Andeutung
von einer zu erwartenden Kundgebung des Kaisers
nachte und scheint man demnach an leitender Sielle
in Berlin von einem derartigen Eingreifen in die
Wahlbewegung aus irgendwelchen Gründen definitiv
Abstand genommen zu haben. Hiermit erledigt
sich auch das erst jn diesen Tagen aufgetauchte
Gerücht, wonach die haiserliche Proklamation am
19. Februar, also zwei Tage vor dem Wahltermin,
zleichzeitig in allen“ Wahlkreisen zur Veröffent
lichung gelangen sollte.
q elang 7—
Ausland.
Die Nachricht detz „Staudard von größeren
Konzentratfonen“ russischer Truppen
an der galizischen Greuze wird österreichischerseits
Is qänzlich um benrrünndef hezeichnet.
Lokate und pfalzische Nachrichten.
AM St. Intg voor t 17. Februar. Viele
dunderte waren amt gestrigen Abend der bown dem
Wahlkomite det reichstreuen Parteien aus⸗
zegangenen Einladung gefotgt, so daß Viele an
ver Thüre des überfüllten Zorst'schen Saales wieder
umikehren mußten. — und der erhebende Verlauf
der begeisterten Versanimlukg lieferte den Beweis
daß die Liebe zu Kaiser und Reich auch in unserer
Siadt in vielen Herzen lebendig ist, trotz der elene
den Verkeumdungen; mihe denen von dei Gegenpartei
die Absichten unserer Staatslenker täglich verlästert
werden. Hert Bahnhofberwalter Eifler eröffnete
die Versammlung mit einigen begrüßenden Worten
und ertheilte zunachst. das Wort dem bisherigen
Vertreter unseres Wahlbezirkes, Herrn Oskar
Keraämer. Ar den Ausführungen desselben
machte hesonders tiefen Eindrud die nothgedrungenen
persönlichen Erkläraͤngen über die Motive von
Neuent als Kandidat auszutreien um der ernsten
Lage des Vaherlandeg will in, — die egischiedene
Zuruckweisung der e Johlen schon und besonders
n Wahikampf bestiebenent Verdächtigung der
Arbeiterfreundichtett des Redners. Mit
ernsten Worten wandteer fich an die Arbeiter und
ermahnte —— der durch gleiche Interesse
nit ihnen verbunden seht zu gläuben, als den Agi⸗
atoxen, die längst über die Berge seien, wenn die
jon ihnen ausgesäte, Saat ihre schlimmen Folgen
bdringen warde Er erklärte ausdrücklich, daß er
ferne davon set, seinen Gegenkandidaten für die in
seinem. Dienst, verwendeten Verleumdungen und
Luͤgen verantwörilich zu mächen, betonte aber auch
aachdrüdlich, „ob die Aufftellung eines
Begenkandidaten aus derselben Stadt
zum Vortheil der letteren sei, dies zu