Full text: St. Ingberter Anzeiger

„Großhrauer“, wie der Herr Abgeordnete Burger 
zesagt hat. Ja, meine Herren, wenn Sie ein 
Besetz derart machen, worin steht, daß der Groß⸗ 
hrauer meinetwegen oon 100,000 Heltoliter an 
geschädigt werden soll, dann würde dies mit dem 
weiteren Abzug von 20 Pf. per Hektoliter für die 
nächste Finanzperiode einen Anhaltspunkt geben, 
was Sie unter Großbrauer verstehen und was 
diese von Ihnen zu erwarten haben; die sollen und 
müssen gekürzt werden, damit der Export nicht zu 
groß wird, nach der Ansicht des Herrn Vorredners. 
Die kleinen Brauec, denen machen die 20 Pfg. 
nichts aus; ja, vielleicht in mancher Gegend, wo 
ꝛs Brauer gibt, die nur 50 — 60 Hekltoliter brauen 
und verkaufen, denen macht es nichts aus, 
allein solche haben wir nicht in der Pfalz. 
Dann kommen Sie und sagen immer, dieses 
Bewerbe, die Brauerei, verträgt, daß außer 
den 32 Millionen immer noch mehc darauf ge⸗ 
chlagen wird. Ich habe noch nie gehört, nachdem 
ich diesem hohen Hause während dieser 3 Sessionen, 
während welcher von der Landwirthschaft so viel 
die Rede war, angehörte, daß ein Antrag gestellt 
worden ist, daß man große Betriebe der Landwirth⸗ 
schaft höher besteuern soll als kleine Betriebe. Es 
sst das nach meiner Ansicht ganz derselbe Fall. 
Es sind groke Güter im Lande, in denen Brenne⸗ 
reien, in denen Maschinen find, Dreschmaschinen 
und Dampfmaschinrn ꝛc. Ja, meine Herren, diese 
schaden auch dem kleinen Bauer, schaden auch dem 
leinen Produzenten durch billigere Produktion und 
zahlen im Verhältniß ganz dieselbe Steuer wie die 
kleinen. 
Ich komme darauf zurück, was schon wiederholt 
betont worden ist, daß auch in der Pfalz die Bahn⸗ 
rente durch Einschränkung dieser Bonifikation — 
Bonifikation darf ich es nicht nennen, denn es ist 
keine Bonifikation, es ist einfach Rückvergütung — 
durch die Schädigung des Exportes sehr benach—⸗ 
theiligt werden wird. Der pfälzische Brauer bezahlt 
immer 60— 80 Pfg. mehr, als er bekommt. und 
wenn Sie also diese Rückvergütung noch verküärzen, 
so werden Sie jedenfalls auch die Konkurrenz, die 
der Brauer mit dem Auslande auszuhalten hat, 
noch mehr einschmälern, und das Defizit der Bahn 
würde vielleicht mehr ausmachen als die 24,000 
Mark, die Sie den Brauern entziehen wollen. 
Ich bitte Seine Exzellenz, daß Sie sich des an 
und für sich schwer geschädigten Standes der Brauer, 
wie bisher, wo es möglich war, wohlwollend an— 
iehmen und dem Antrage den gesetzlichen Vollzug 
ersagen wollen. (3. 3.) 
LSokale und pfälzische Nachrichten. 
*St. Ingbert, 27. Nov. Wie uns nach— 
träglich mitgetheilt wird, hat der Landwehr— 
Verein in seiner letzten Generalversammlung die 
Anschaffung einer neuen Vereinsfahne beschlossen. 
Die Fahne soll im Waisenhaus zu Landstuhl an—⸗ 
gefertigt und ganz aus Seide gestickt werden. Der 
Preis wird sich auf etwa 600 bis 700 Mk. stellen. 
*— In der letzten Strafkammersitzung des kgl. 
dandgerichts Zweibrücken wurde der Tagner und 
rühere Postbote dahier, F. Sch., wegen einer 
Reihe von Vergehen (Unterschlagung von Briefen 
u. s. w.), die er sich als Postbote hatte zu Schulden 
ommen lassen, zu einer Gesammtgefängnißstrafe 
oon 1 Jahre verurtheilt. 
— Von der Ebernburg, 24. Nov. Der 
geschäftsführende Ausschuß des Hutten-Sickingen⸗ 
Denkmal⸗Komites hat für Mitte Jan. k. J. eine 
Generalversammlung der sämmtlichen Mitglieder 
dieses Komites in Aussicht genommen. 
— Pirmasens, 26. Nov. Gestern erhängte 
sich auf Hohenlist der Ackerer K. vom Hochsteller⸗ 
hof. Die Ursache dieser That ist noch unbekannt. 
— Kirchheimbolanden, 25. Nov. In 
»erflossener Nacht wurde, wie man der „Nordpf. 
B.Ztg.“ mittheilt, bei Herrn Fretz in der Breit⸗ 
traße der Betrag von 500 M. und eine Frauen⸗ 
ahr gestohlen. 
— Speyer, 24. Nov. An diejenigen Stu⸗ 
direnden, welche sich für das Studienjahr 188586 
um Neuverleihung eines Stipendiums aus der 
H. Hilgard'schen Kreis Stipendien⸗Stiftung bewerben 
vwollen, ergeht laut Ausschreiben der k. Regierung, 
Zammer des Innern, die Aufforderung, ihre be⸗ 
züglichen Gesuche bis spätestens 15. Februar 1886 
Hei obiger Stelle einzureichen. Mit dem Gesuche, 
welches darzuthun hat, daß der Bewerber sich einem 
der in den Satzungen der H. Hilgard'schen Kreis— 
tipendien⸗Stiftung bezeichneten Studien widmet 
ind vorzulegen: 1) ein vom betreffenden königl. 
Bezirksamt beglausigter Heimathschein; 2) ein 
Zeugniß der Heimathgemeinde über die Vermögens⸗ 
derhältnisse, sowie ein Zeugniß über das seitherige sitt⸗ 
siche Verhalten; 3) das Absolutorialzeugniß nebst 
zinem Zeugniß des betreffenden Rektorates, daß 
der Bewerber ein seiner Individualitaͤt entsprechen⸗ 
des Studium gewählt habe. Nach dem Willen 
des Stifters bei Verleihung des Stipendiums ifft 
auf besonders talentirte Bewerber in erster Linie 
Rücksicht zu nehmen. 
Speyer, 25. Nov. Wie aus Franken⸗ 
thal berichtet wird, hat die jüngst daselbst verstor⸗ 
»ene Anna Reichardt in ihrer letztwilligen Verfüg— 
uing zu Gunsten des hier zu erbauenden Protestations⸗ 
Domes 1000 M. gestifiet. (Sp. 3.) 
— Frankenthal, 25. Nos. Den Herren 
Gebr. Kaufmann (Hotel Kaufmann) hier, wurde 
hei der in Hannover stattgehabten großen Wein⸗ 
nusstellung für eine Kollektion ausgestellter pfälzer 
Weine der erste Preis zuerkannt. 
Vermischtes. 
F Die „Pf. Ztg.“ bringt unter der Aufschrift 
„Eine Gefahr für die Biertrinker und die Land⸗ 
virthschaft“ einen Artikel, worin auf die angeblich 
zeabsichtigte Einführung der „Maltose“, eines aus 
)0 pCt. Mais und 10 pCt. Grünmalz bestehenden, 
zur Bierbereitung zu verwendenden Stoffes hinge⸗ 
viesen wird. In den düstersten Farben wird die 
dage der Landwirthschaft im Falle der Einführung 
Jieses neuen Bierstoffes geschildert. Wie uns scheint, 
st die Gefahr keine desonders dringende, denn in 
zayern würde der Einführung desselben die Be— 
timmung des Malzäaufschlaggesetzee im Wege 
tehen, wornach Bier nur aus Hopfen, Gerste und 
Wasser hergestellt werden darf und auch im übrigen 
Deutschland werden sich die Brauer befinnen, bevor 
ie dem Publikum Maisbier vorsetzen. 
F Darf ein Ehemann seine Frau schlagen? 
Mit dieser wichtigen Frage hat sich das Reichsge⸗ 
cicht jüngst beschäftigt. Das Gutachten dieser 
bersten Gerichtsstelle war für den folgenden Fall 
eingeholt worden: Ein Ehemann war in Folge 
der körperlicher Züchtigung seiner Gattin wegen 
einer pflichwidrigen Handlung wegen vorsätzlicher 
Zörperverletzung, von der Strafkammer verurtheilt 
vorden. Die von dem Angeklagten eingelegte Re⸗ 
zision wurde nun vom Reichsgericht verworfen, 
udem es begründend ausführte: „Ob dem Che⸗ 
nann gegen die Ehefrau ein Züchtigungsrecht zu⸗ 
teht, ist, da reichsgesetzliche Bestimmungen fehlen, 
nach dem Landrecht, hier nach dem preußischen 
Recht, zu beurtheilen. Dasselbe erkennt ein solches 
stecht ausdrücklich nirgends an.“ 
F Friedrich Stal, 23. Nov. Gestern Abend 
jegen 9 Uhr sprang ein junger Mann in der Nähe 
vom Friedrichssthaler Tunnel aus dem Personen- 
uge. Der Waghalsige schlief während der Fahrt 
ils er erwachte, gewahrte er zu seinem Schrecken 
daß er sein Reiseziel, die Station Friedrichsthal, 
vo er ausfteigen wollte, verfehlt hatte. Wie der 
„Neunk. Vztg.“ mitgetheilt wird, drohte ihm der 
»etr. Zugbeamte mit 6 Mark Strafe, die er auf 
)er folgenden Stution hätte zahlen müssen wegen 
eines Leichtsinns, und ist der Unglückliche auf diese 
Beise seiner Strafe ausgewichen. Wie es dem⸗ 
elben bei dem lebensgefährlichen Sprunge ergangen, 
st abzuwarten. 
Irrthümlich sagt man in Elsaß-Lothringen: 
die preußische Regierung begünstige die Verbreitung 
»es Schnapses“ aus fistalischen Rücksichten. Es 
var aber von jeher preußische Tradition, den 
hranntweingenuß einzuschränken. Schon Friedrich 
»er Große schrieb an den Rand einer Bittschrift 
im Konzession zur Eröffnung einer Rum-⸗Fabrik: 
Ich will's den Teufel thun. Ich wünschte, daß 
zas giftige garstige Zeuug gar nicht da wäre.“ 
Friedrich Wilhelm 1V. sagte: „Ich würde es als 
en größten Segen Meiner Regierung ansehen 
venn die Brennsteuer auf Null reduzirt würde.“ 
daiser Wilheilm ordnete den Ersatz der Brannt⸗ 
vein⸗Portion durch den Kaffee für die Armee an 
und sagte dei der Düsseldorfer Ausstellung anläß⸗ 
ich der Besichtigung der Fabrikate der Gebrüder 
Stosllwerk aus Köoln: „Ich wünsche jedem Meiner 
Landeskinder eine Tasse Stollwerk'sche Chocolade 
zum Sonntag.“ 
F Metz, 24. Novb. Schon mehrmals wurden 
seitens der Schafheerdenbesitzer Klagen laut über 
das häufige Auftreten von Wölfen in der nächsten 
Imgebung von Metz. In der Nacht vom Freitaq 
auf Samstag ist es endlich einem Pächter de 
Glatigny gelungen, einen kräftigen Woif zun 
Schuß zu bringen. 
.Remilly, 21. Nov. Der hiesige Bahn 
hofs⸗Restaurateur Alme wurde nach der Loih 
Ztg.“ unerwartet verhaftet und nach Mez sran 
portirt. Mon bringt diese Verhaftung in Zusam 
menhang mit einem Diamantendiebstahl, der in 
Monat August in Remilly verübt wurde. 
fKarlsruhe, 24. Nob. Am 27. Jun 
nächsten Jahres soll in Baden-Baden das Ver. 
bandsschießen des badischen Landesschühen— 
vereins, des pfälzischen und mittelrheinische 
Schützenbundes beginnen und 8 Tage dauein 
Die verschiedenen Komites zu diesen Festlichkeiter 
sind bereits gebildet. 
Der Ortsgesundheitsrath in Karlsruh— 
rückt bekanntlich mit dankenswerther Energie den 
Geheimmittel⸗Schwindel zu Leibe. Wir verdanken 
demselben wieder folgende Warnung: „Von einen 
früheren Militärärzt, Koman Weißmann zu Vils— 
hdofen in Bahern, wird ein Mittel gegen Schlag 
luß, das sogenannte „Schlagwasser“ in den Zes 
ungen empfohlen. Wer sich an Weißmann wendet 
erhält durch das berüchtigte Geheimmittelgeschäf 
des Julius Kirchhofer in Triest, des Verbreiiet 
der Homeriana und anderer medizinischen Schwin 
deleien, eine mit Sandelholz roth gefärbte Arnica 
tinktur. Ein Fläschchen Tinktur, wie solches ijn 
eder Apotheke zu 1 Mark käuflich ist, kostet aus 
schließlich der Transportkosten 8 Mark und hat di 
angepriesenen Wirkungen selbstverständlich nicht.“ 
F Mainz, 25. Nov. In der Untersuchungs 
sache gegen den des Mordes beschuldigten Heih 
hat sich noch in letzter Stunde ein sehr wichtige 
Zeuge gemeldet, welcher über die vollbrachte Tha 
der Behörde Mittheilungen gemacht hat. 
F Aus Aschaffenburg schreibt man den 
„Würzburger Journal“: Dieser Tage machte eir 
Schüler der 2. Gymnasialklasse. Sohn des hiesigen 
Notars B., einen Selbstmordversuch in der Fa 
anerie mittelst eines Revolvers. Der Schuß gin⸗— 
durch die Lunge, war aber nicht tödtlich; der un 
zlückliche junge Mensch liegt nun schwer kran— 
darnieder. Eine Schulstrafe soll die Veranlassun— 
zu diesem bedauernswerthen Schritt gegeben haben 
F M.⸗Gladbach, 22. Nov. Ein Elephan 
auf dem Velsciped reitend dürfte trotz des berühmien 
Ausspruches Ben Akiba's, daß Alles schon dage 
vesen, doch noch nicht dagewesen sein. Herr Baest 
Besitzer eines jetzt hier weilenden Affentheaters, ha 
zieses Unikum der Dressur fertig gebracht und führ 
einen Dickhäuter auf einem Veloziped stehend, seit 
Dreirad mit dem Rüssel lenkend, dem dadurch seb 
„elustigten Vublikum vor. 
I f Folgendes nette Stückchen ereignete sich diese 
Tage in München. Ein verlobtes Paar, ebe 
im Begriffe, nach dem Standesamte zur Trauun— 
zu gehen, entzweite sich unterwegs, so daß dieselb 
unterblieb; die Braut eilte im Hochzeitskleide ihren 
'iich durch die nächste Straße davon machender 
„Zukünftigen“ nach, allein alle Vorstellungen halfe— 
nichts, derselbe ließ sich um keinen Preis bewegen 
den verhängnißvollen Weg wieder anzutreten,“ 
daß fich die beiden anwesenden Zeugen undverrich 
teter Dinge entfernen mußten und in einer benach 
barten Bierschenke Unterkunft nahmen! 
F Berlin. Forderungen der Spezialärzte 
Ein hiesiger Geschäftsmann, dessen Kind schwer er 
rankt ist, ersuchte einen hiesigen Spezialarzt un 
einen Besuch bei seinem Kinde. Da der Arzt sid 
nicht geneigt zeigte, dem Rufe zu folgen, legte der 
Peient das Honorar für einen Besuch mit 100 M 
zuf den Tisch, worauf der Arzt erklärte: „Nun 
ehlen aber noch die Kosten sür den Wagen!“ 
Nachdem auch diese mit 20 M. deponirt und an 
jenommen waren, kam der Spezialarzt; aber seint 
dilfe war erfolglos. — Die „Volks⸗Ztg.“, der 
dir die Mittheilung entnehmen, meint, die Ang! 
ind Noth Hilfesuchender auszubeuten, dürfte am 
venigsten Sache renommirter Aerzte sein. 
Im Eisenbahnkoupe zwischen Budape 
und Wien entwickelte sich folgende Unterhaltung 
wischen einem gemüfhlichen Ungarn und einen 
Reisenden, der sich gegen den gern ein Gespruch 
anfangenden Ungarn sehr zugeknopft verhält. Un— 
gar: Belieben auch nach Wien zu reisen? Reisen 
der: Ja. Ungar: Belieben in Wien zu bleiben 
Reisender: Nein, ich gehe nach Prag. Ungat 
Zelieben in Prag zu bleiben? Reisender: Rein 
ch gehe nach Hamburg. Ungar: Belieben n 
Jamburg zu blaiben? Reisender: Nein, ich geh⸗—