Full text: St. Ingberter Anzeiger

St. Ingberler Anzeiger. 
der St. Inaberzer Anzeiger sund das mit dem Hauotdlane verdundene Uiterhautuigsbiutt, nit der Dienstags⸗, Donnerstags- und Sonuta 
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Sonnutag, den 25. April 
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Deutsches Reich. 
München, 19. April. Die Mitglieder der bayerischen 
Fortschrittspartei in dee Asgeordnetenkammer haben nachstehende 
Ansprache an ihre Wähler erlassen: 
„An unsere Wähler! Mit den Sitzungen des heute geschlof⸗ 
enen Landtags hat unsere Aaufgabe als Volksvertreter ihr Ende 
rreichi. Wir blicken auf eine inhaoltreiche Zeit zurück. Es 
vzar uns vergönnt, zur Neugründung des deutschen Reiches durch 
msere Stimmen mitzuwirken und so nicht nur die längstgenährten 
doffuungen aller Vaterlandsfreunde verwirklicht, sondern auch die 
ichere Aussicht auf eine gedeihliche Zukunft eröff et zu sehen. 
deutsche Kraft wird nach den siegreichen Heldenthaten unseres 
apferen Heeres ihre Größe auch in den Werken des Friedens, in 
»em Ausbaue nationaler Wohifahrt, Freiheit und Gesitlung be— 
vähten. — Das Staatsgrundgesetz unseres engeren Vaterlandes 
jat zwar mit denen aller übrigen deutschen Einzelstaaten durch 
ie Verfassung des Reiches bedeutsame Veränderungen erfahren, die 
nzelnen Theile des starken Ganzen hatten aber durch solchen Ein— 
zriff nicht einen Verlust zu empfinden, sie konnten nur cehoben 
verden und in der gemeinsamen deutschen Gesetzgebeing einen er— 
rischenden Quell reicher Segnungen *finden. Um so freudiger 
zaben wir dem Heimathsstaate unsere Thätigleit gewidmet, je fester 
ind geachteter seine Stellung geworden ist. — Dreimal zur Mit⸗ 
virkung bei der Abgleichung des bayerischen Staathaushalts zu— 
ammengerufen, konnten wir trotz namhafter Erhöhungen der Ge⸗ 
jalte in allen Zweigen des Staatsdienstes und der Zuschüfse für 
Etziehung, Bildung und Kultus allen hervortretenden Bedürfnissen 
jes Staates gerecht werden, ohne zur Deckung derselben das bis— 
jerige Steuermaß überschreiten zu müssen. Mit Befriedigung 
zaben wir zu erwähnen, daß die allgemeine Staatsschuld seit dem 
zahre 1869, abgesehen von der Tilgung der inzwischen für den 
krieg nöthig gewordenen Anlehen, um fast 47 Millionen Gulden 
ich ermäßigt hat. Wenn auch d'e Eisenbahnschuld, insbesondere 
urch den Erwerb der Ostbahnen, sich vergrößert hat, so bildet 
och der werthvolle Besitz defruchte:der Schienenwege in den Hänu⸗ 
en des Staates eine Bürgschaft mehr fär das wirthschafttiche 
hedeihen der Landes. Ebenso ist eine Mehrung der Gru dren⸗ 
enschuld ausschließlich rechnerischer Natur und nur ein Zeugniß 
ür die erwünschte Durchführung der Grundentlastung. — Am 
Beginne unserer Thätigkeit standen wir einer klerikdalen Mehrheit 
zegenüber, und auch später war eine geschlossene liberale Mehr— 
jeit nicht vorhanden. In solcher Lage mußien wir es als eine 
hauptaufgabt ansehen, zu verhüten, daß die gegenwärtige Staats- 
»exwaltung, weun wir auch nicht in allen Richtungen mit ihr 
ibereinzustimmen vermochten, von der klerikalen Partei gedrängt 
iad gestürzt werde. Dazu waren wir um so mehr veranlaßt, als 
mmer klarer zu Tage trat, daß der Staat versäumt hat, zur 
jeeigneten Zit für seine Selbstständigkeit und Vertheidigungéfä— 
ugkeit gegen die feindlichen Angriffe det Hierarchie zu sorgen. — 
kbe wir in unsere Heimath zurücktehren, richten wir an olle 
reisinnigen und reichstreuen Männer des Landes, an Alle, denen 
8 Ernst ist mit der Aufre hthaltung von Gesetz und Recht, gemein⸗ 
am den Mahnruf, Angesichts der nahenten Neuwaählen zum 
randtage sich enz aneinder zu schließen und die ganze Kraft ein— 
usetzen in dem schweren Kampfe gegen die Feinde des Reiches 
ind des Staates, mögen dise für ihre Bestrebungen die Religion 
nißbrauchen, oder de Grundlagen der bürgerlichen Ordnung und 
Sitte durch That unlergraben. Gehen wir überall und immer in 
xintracht vorwätts und blicken wir fest und unverwandt auf unser 
euchtendes Ziel — das Wohl des Vaterlandes! München, 16. 
Ipril 1875. Adler. Aldinger. Alwens. Aub. Brandenburg. 
Lramer. Dingler. Dürrschmidt. Eckardt. Edel. Engert. Exter. 
Fischer. Fleischmonn. Föckerer. Frankenburger. Frickginger. Fries. 
haͤrtner. J. Gelbert. P. Gelbert. Gerstner. Greiner. Groß. 
)enle. Herz. Hocheder. v. Hörmann. Hohenader. Holzapfel. Jacob. 
Fegel. Hnorr, KHolb. Kraußold. Kubr. Lampert. Langaauih. Veifer. 
Zevi. Leybach. Leyter. Lou's. Marquardsen. Müller. Neupert. 
yraf Rambaldi. Richter. Rot:aas. Sauer. v. Schaußz. v. Shlör. 
-„chmidt. Seitz. Sellner. Sittig. Sitzler. Sörgel. Frhr. v. Stauf⸗ 
enberg. Stenglein. Stockbauer. Strauß. Thomaß. Tillmann. 
zaillant. Völt. Wagner. Weigand. Wolf Wülfert. 
Metz, 20. April, Bisher waren in Metz immer noch keine 
eutschen Straßenbezeichnungen eingeführt. Jetzt hat das hiesige 
Zezirlspräsidium endlich ein deutsches Straßenverzeichniß aufgestellt. 
die Abfassung des letzteren stieß auf große Schwierigkeiten und 
nachte zahlreiche Erörlerungen und verschiedene Erwägungen nöthig, 
»a viele Straßen ihre seitherige Benennung von Eigennamen her⸗ 
eiten, welche natürlich nicht übersetzt »erden können. In den 
neisten Fällen wurden die französischen Namen wörtlich ins Deut- 
he übersetzt, die Eigennam⸗n dagegen in unveränderter Form be— 
assen. Das Verzeichniß wird noch dem hiesigen Gemeinderath zur 
Zegutachtung vorgelegt werden. Selbstverständlich bleiben, wie in 
ibrigen Stad'en des Reichslandes die französischen Schild r neben 
zen neu anzulegenden deutschen stehen. — 
Frankreich 
Paris, 22. April. Die „Agence Havas“ erklärt das Ge— 
ücht von einer demnächstigen Zusammenziehurg der— ganzen Armee 
non Paris für unbegründet. — Der Fmanzminislet giebt am 
Dienstag ein großes Diner zu Ehren des deuischen Bojschafters. 
Aus der Provinz wird wieder von einem Fall blöder Spionen⸗ 
icherei berichtet. Vor einigen Tagen wurde in Peronne ein armer 
Pfalzer Bürstenbinder, ein gewisser Lorenz Angel aus der Gegend 
von Pirmasens, verhaftet, weil er angebuch Beobachtungen an den 
»ortigen Festungswerken angestellt häite. Der Fall ist um so 
ächerlicher, die Dummheit oder der böse Glaube der dortigen Poli⸗ 
ei um so offenbarer, als doch gar nicht abzusehen ist, weiche 
Zläne der deutsche Generalstab von einer Festung aufnehmen könntfe. 
»ie Monatelang in seinem Besiz war. 
Spanien. 
Madrid, 22. April. Eine carlistische Abtheilnng unter 
Parades wurd von den Regierungs truppen bei Cuecia überfallen, 
ind erlitt datei geoße Verluste. Parades ist todt, 225 Carlisten, 
»aruuter 20 Offic ere, fielen in Gefangen'cheft. B 
Bermischltes... — 
f Aus dem Elfsaß, 20. April. Vor einigen Tagen wurde 
inter allgemeiner Betheiligung eine 94.jährige Urgroßmutter be— 
rdigt, die im Dörschen Domfessel unter dem Scepter der nassauischen 
sBrafen geboren, unter Robespierre's Schkeckensherrschaft conformirt 
ind noch vor dem Abschlusse des vorigen Jahrhunderts copulirt 
vurde. Die altehrwürdige Matrone gehörle somit zum kleitzen 
Zäuflein derec, die auf eisässischem Grund und Boden als deutsche 
Neichsbütger geboren wurden. 
Der Bodenjsee, welcher sich in diesem Winter wieder ein— 
nal mit einer Eiskruste bedeckt hat, ist im Lause von vier Jahr— 
underten nur fünf Mal vollständig zugefroren, und zwar in den 
jahren 1477, 1572, 1596, 1695 und 1830. 
F Weber den schrecklichen Unglücksfall) auf der Herrmanns⸗ 
rütte bei Hörde berictet die , Dortm. Ztg.“ unterm 5. ds. M. 
»AIgendes Nahe e: In der Gußstahljabru wae man gellern Mittag 
n der neuen Schuelzhütie mit Gießen beschaftigt. Das fertig⸗ 
üssige Metall war eben aus dem Conderter in die Gleßpfanne 
eleitet, als durch einen unglücktiche Zufall (sv elleicht durch einen 
Anstoß der Gießpfanne an den Converier) die Gießpfanne um— 
dluc, und die glühende eiwa 16,000 Pfund flüsssgen Stahl ent⸗ 
altende Masse plötzlich in die mit Arbeilern angesüllte Gießhütte 
ich ergoßg. Das Meiall spritzte nach allen Seiten hin und rich⸗ 
te unter den in dem Raume anw. senden Arbeitern die schred⸗ 
chsten Verwüstungen an; 11 Personen wurden an den verschie⸗ 
ensten Theilen ihres Körpets mit fürchterlichnn Braadwunden 
ededi, so daß einigen von ihnen Fehzen von Fleisch am Körper 
Jexunter hängen; drei derselben waren so total verbrannt. daß au 
eren Aufkommen nicht zu denken ist. Außer den 11 Arbeitern 
durden noch verschiedene andere in weiter Entfernung von der Gi⸗k