Full text: St. Ingberter Anzeiger

aben neulich folgendes Inserat veröffentlicht; „Es koͤnnen auch 
jet die armen Wäscherinnen nicht mehr bei diesem geringen Lohne 
estehen, denn ẽin jeder Tagloͤhner, der von früh 6 Uhr bis 
sbends 6G Uhr arbeitet,“ bekommt jetzt einen Gulden, und wit, 
jenn wit von Nachts 1 Uhr dis Abends 8 Uhr an der Wane 
ehen. und wo wir eine so ungesunde Arbeit haben und unsere 
Ilieder halb erfrieren müssen. belommen nicht mehr als 30 Kreu⸗ 
er; auch die Kost ist nicht mehr so vollkommen wie früher. Von 
un an arbeiten wir von früh 6 dis Abends 6 Uhr um 86 kr., 
ind wer Nachts gearbeitet haben will, 18 kr. mehr. Sämmtliche 
heschfraun7 5 5 . 
Moblesse oblige.) Se. Durchlaucht der Prinz Friedrich 
Bilhelm von Wiitgenstein⸗Hohenstein (Bruder des regierenden 
ürsten) wurde, laut dem C.⸗V., von dem Appellationsgerichte in 
Jensberg wegen Mißhandlung einer im schwangeren Zustande sich 
esindenden Frau zu vier Wochen Gefängniß verurtheilt. 
Laudwirthschaftliches. 
Die Landw. Lehranstalt des Dr. Schneider in Worms schreibt: 
kaffeebereitung. Ueber diesen Gegenstand berichten die Indu⸗ 
tter, daß in fast allen Haushaltungen der Kaffeegenuß in einem hohen 
jtade vertheuert werde durch unvollständiges Zermahlen der Bohnen. Genaue 
zecsuche, welche man jüngst durch den Chemiker Herrn Schadler machen ließ, 
aben ergeben, daß man von ganz fein gemahlenen Kaffeebohnen nur halb 
o viel braucht als von grob gemahlenen Kaffeebohnen um die gleiche Menge 
sleich starken Kaffee's zu erhalien. Und wenn man noch den gemahlenen in 
men Mörser bis zur Feinheit des Mehles zerstööͤßt, wie bei den Orientalen 
ebräuchlich, jo b raucht man nur 2/0 so viel, als von dem grob gemahlenen 
—5* Man müusse sich selbst aber um die Sache bekümmern, denn eine fein 
nahlende Kaffemühle gehe schwer und die Dienstboten hätten es gern, wenn 
ie Mühle recht leicht geht; sie schonen lieber ihre Mühe als die Wirthschafts⸗ 
asse der Hausfrau. Versuche wurden auch gemacht in Betreff der Art der 
Jjubereitung. Es zeigte sich indefsen, daß man gleich starkes Getränk erhält, 
bman auf die gemahlenen Bohnen das Wasser aufgießt und eine Weile 
iehen latßt, oder den Aufguß noch über dem Feuer einmal aufkochen läßt, 
der ob man ihn durch einen Kaffeebeutel filtrirt. Nur ist bei dem durch⸗ 
— 4 Aroma auffallend stärker, als bei den anderen Zuberei⸗ 
inaßarten 
Der zu Berlin erschienene Bericht des Central ⸗Comites der 
eütschen Vereine zur Pflege im Felde verwundeter und erlrankter 
drieger über seine Thätigkeit und die Wirksamkeit der mit ihm 
erbundenen Vereine während des Krieges von 1770 -7 1 enthält 
mter anderm folgende Zusammenstellung, über die Thätigkeit der 
fälzischen Hilfs-Zweig ⸗Vereineenn 
J. Erfrischungsstativnen und, Dienst auf den 
.4. Bahnhöfen. J .*4 
Nach den Schlachten bei Weißenburg und Woͤrth ging der 
herwundetenzug auf der Linie WBin den — Edenkoben — 
Reustadt — Jundwigs hafen zunächst bis Mannheim. 
velche Stadt den ersten gewaltigen Stoß auszuhalten hatte. — 
die gräößeren Stationen auf dieser. auch für die ganze Folgezeit 
o wichtigen Bahnlinie, waren als Erfrischungsstationen ausersehen. 
- Für die Grenzstation Wind erm übernahm der Hülfsverein 
eß über eine Meile entfernten Städtchens Bergzabern unter 
sithilfe des Frauenvereins daselbst und des Hülfsvereins zu 
kdandel den Dienst. Es wurde eine Bahnhofsküche eingerichtet 
der ununterbrochen, bei Tag und Nacht durchziehenden verwun⸗ 
eten und kranken Soldaten Speise, Getränke und Kleidungsstücke 
erabreicht wurden. — Winden haltte als erste deutsche Station, 
on der auch Züge nach Carlsruhe abgezweigt wurden, eine be⸗ 
ndere Bedeutung. — In Land au bestand eine Verband⸗ und 
derpflegungs·Stalion. Am Bahnhofe war ein besonderes Verband⸗ 
mmer eingerichtet. — Die Verpflegung geschah unter Oberleitung 
mes Hülfsvdereins-Comitoͤx durch Frauenvereine; Die meisten 
rankenzüge kamen bei Nacht an und mußten bri lebhaftem Verkehr 
2216 Damen und ein Comité⸗Mitglied in den Bahnhofsküchen 
egenwärtig sein. — Die Berpflegung war vorzüglich oꝛganisirt. 
- Vom 4. August 1870 bis 14. April 1871 wurden 126,702 
detwundete und Kranke an Landau vorübergehend und mit ge- 
inger Ausnahme alle verpflegt. — Edenkoben betheiligte sich, 
bgleich nur Zwischenstation, ebenfalls an der Erquickung durch⸗ 
jehender Verwundeter und Kranler. — Neustadt war als 
notenpunkt der Bahn nach Saarbrücken von Wichtigkeit und be⸗ 
ind sich auch hier eine freiwillige Verbande und Verpflegungs 
ztation, die in großartiger Wirksamkeit nicht nur verwundeten 
ind kranken, sondern auch gesunden Soldaten in der herzlichsten 
beise Erquickung darbot Die Kosten dieser Verpflegungsstaiion 
50,000 Gulden) sind den Leistungen entsprechend. — Mit wenigen 
lusnahmen sind 450, 000 Monn zuerst mit Brod und Wein, 
äter mit warmer Speise und Trank erfrischt worden. — In 
ludwigshaßen wurde Seitens des Hilifevereins schon am 
August eine Bahnhofsküche eingerichtet und von da ab Tag und 
lacht in Anspruch genommen. Gegen 150,000 Mann, Kranke 
nd Verwundete, aber auch gesunde Truppen wurden erfrischt. — 
die Qüche wurde von einem zu diesem Zwede gebildeten Verein 
on 70 Frauen geleitet: zu ihrer Unterstützung waren Reis 6 
Nann vom Sanitäts⸗Corps anwesend. — Beim Ciniritt der kalten 
Witterung wurden auch warme Kleider vertheiltz Die bedeutende 
deistung der Verpflegungs⸗Station war nur durch reiche Beiträge, 
amentlich auch aus dem Haupt⸗Depot; zu Mannheim, zu ermög⸗ 
ichen — Auf der Linie Reustadt — NeumkArchen lam 
daiserslautern als Erfrischungs-Station in Betracht, hier 
trug ein besonderes Comitoͤ für die durchpassirenden Verwundeten 
und Kranken Sorge. —U——,—,— 
II. Freiwillige Lazareth Thätigkeit. 
Die freiwillige Lazarethpflege in der Pfalz hat eine ganz 
desondere Bedeutung; es gab eine Zeit im Beginn des Krieges, 
vo iede Stadt, jedes Dorf Kranke und Verwundete pflegte, nicht 
etwa vorzugsweise in Lazarethen, sondern in einzelnen Häusern. 
Der Schwerpunit der freiwilligen Hülfe lag überhaupt in der Pfalz 
veniger in der Lazarethpflege, als in der unmittelbaren Hülfeleist⸗ 
ing auf dem benachbarten Kriegsschauplatze und in dem Transport 
her Verwundeten und Kranken. Fast an allen größeren Orten 
hestanden Männer⸗ und Frauenvereine; aber auch andere Vereinig⸗ 
ingen, Corporationen und Private betheiligten sich hier in so all⸗ 
emeiner Weise an dem Liebeswerle, daß es schwer wird, die 
eistungen im Einzelnen festzustellen. — Wenn daher nach den 
Berichten die Zahl der Vereins-Lazarethe auf 22, die Zahl der 
erpflegten Krieger auf 5898, die Zahl der Verpflegungstage auf 
38,500 angegeben wird, so ist hieraus die Summe der wirk⸗ 
ichen Leistungen in der Lazarethpflege nicht einmal annähernd be⸗ 
eichnet, umsoweniger, da die große Anzahl. der staatlichen Feld⸗, 
kriegs⸗ und Reserve⸗Lazarethe die ausdauerndste Hülfe der Vereine 
n Anspruch nahm. Selbstredend wurden die Mittel und Kräfte 
eitweise durch die außecordentlichen Ansprüche erschöpft, weßhalb 
enn auch aus ganz Deutschland und selbst aus dem Auslande 
zen am Pieisten in Anspruch genommenen Orten materielle und 
personelle Hülfe und Beistarnd in reichem Maaße geleistet wurden. 
— Von den Vereins-Lazarethen sind folgende hervorzuheben 
Bergzabern, 4 Vereins-Lazarethe in denen 417 Kranke und 
Verwundete 2800 Tage verpflegt wurden. Besondere Lazarethe 
waren hier bei Beginn des Krieges nicht eingerichtet. Die Ver⸗ 
wundeten, die unerwartet von Weißenburg und Woͤrth gebracht 
wurden, mußten in dem Schulhaus, in der Kirche ꝛc. untergebracht 
verden, wofür die Lagerungsgegenstände und die sonstigen Bedürf⸗ 
nisse von dem Hülfsverein und den Bewohnern der Stadt beschafft 
wurden. Aehnlich waren die Verhältmisse an vielen anderen Orten 
der Pfalz, so in Kandel, in Dahn, in Pirmasens, in 
Vachenheim, in Kirchheiem, in Frankenthalu.A. 
Hier waren meistens Nothlazarethe für nicht weiter transportable 
hurchmarschirende Soldaten. — In Zweibrücken wurden in 
3 Vereinslazarethen 393 Kranke und Verwundete mit 5500 Tagen 
»erpflegt, außerdem besorgte der Verein für das Militär⸗Lazareth 
n Ernstweiler sämmtliches Verbandzeug, Instrumente, Bettzeug, 
deibwäsche und alle Erfrischungen. — Das Lazareth des Hülfs- 
zereins Landstuhl pflegte 138 Kranke und Verwundete 1496 
Tage. Dasselbe war in dem Waisenhause und einer neu erbauten 
Baracke eingerichtet. — In Otter berg sorgte der Hülfsberein 
ür das dort eingerichtete Militär⸗Nothlazareth; ebenso in Kussel. 
— Eine verhältnißmäßig großartige Lazareth. Thätigkeit entwickelte 
aber das unmittelbar an der Grenze liegende Städtchen St. 
Ingbert. Hier wurden von dem sich rasch bildenden Hülfs⸗ 
derein ein Schulhaus, Spital und Diakonissenhaus von 4 Diako⸗ 
nissen, ⸗17 barmherzigen Schwestern und 132 anderen Pflegerinnen 
332 Krarke und Verwundete 6298 Tage verpflegt. — Speier 
verpflegte in 5 Lazarethen 544 Kranke und Verwundete 8000 
Tage. Die Kosten trug vorzugsweise die Stadt unter reger Theil⸗ 
nahme des Hülfsvereins. Auch die Speier benachbarten Dörfer 
errichteten besondere Lazarethe. — In Kaiserslautern 
bestanden 5 Vereins⸗Lazarethe, in denen 1038 Kranke und Ver⸗ 
wnndete 15,800 Tage verpflegt wurden. — In Neustadt a. 
d. H. wurden in 6 Lazarethen 215 Kranke und Verwundete 5600 
Tage behandelt. — In Weidenheim richtete der Hülfsverein 
ꝛin Lazareth mit 110 Betten sammt einer Baracke ein und ver⸗ 
oflegte in denselben ganz auf eigene Kosten 164 Mann 6200 
Tage. In Lud wighafen wurden 247 Mann 6700 Tage 
berpflegt. — Zu Edenkoben bestanden 4 Lazarethe, in denen 
b98 verwundete und kranke Deutsche Krieger 3,862 Tage Seitens 
des Hülfsvereins verpflegt wurden. — In sämmilichen so überaus 
zahlreichen Lazarethen der Pfalz concurrirten die verschiedensten 
Vereine, Gemeinden ⁊c. bei der Eimichtung und Verpflegung. Die 
meisten Lazarethe bestanden nur kürzere Zeit. Die eigentliche 
Krankenpflege wurde hauptsächlich durch barmherzige Schwestern 
und Diakonissen besorgt; 8 Albertinerinnen aus Dresden wirkten 
urze Zeit zu Neustadt a. d. H., aber auch andere freiwillige Pflege⸗ 
räfte, namentlich aus der Mitte der Frauen⸗Vereine nahmen an 
ser Pflege Theil. 
X IL Demth. veranworilicher Redacteur.