Full text: St. Ingberter Anzeiger

aungsablage pro 1008 und Feshteßung des 
Budgets pro 1889. 2) Neuwahl des Vereins— 
ausschusses nach 8 9 der Sagungen. 8) 
Wünsche und Anträge, insbesondere Antrag von J. 
C. Eberhard in Speher und J. Lemmert in Germers⸗ 
heim nebst Genossen um Aufhebung resp. Aender— 
ung der provinziellen Schonzeiten i. e. der ober⸗ 
poũzeilichen Vorschriften vom 23. September 1885 
und 8. März 1886. 4 Verschiedene Mitteilungen 
und Besprechungen. 
— Der Standesbeamte und Bürgermeister von 
Hatzenbühl, Herr Wendelin Brod III. wurde 
durch Erlaß des Herrn kgl. Oberstaatsanwaites 
zu Zweibrücken wegen durchaus sofältiger und nach 
allen Richtungen hin befriedigende Führung der 
Standesregister im Jahre 1888 belobt und der 
mit der Redaktion betraute Gemeindeschreiber Herr 
Angelilus Theiß von Rheinzabern zu einer an⸗ 
gemessenen Gratifilation aus der hiesigen Gemeinde⸗ 
kasse empfohlen. 
— Niederhochstadt, 7. Juni. Gohes 
Alter.) Gestern verschied dahier Herr Friedrich 
Jakob Kugelmann in einem Alter von nahezu 94 
Jahren, mithin der älteste Mann unserer Gemeinde. 
Geboren zu Drusweiler, diente derselbe im Jahre 
1814 unter Napoleon J. als Soldat in Landau 
und lebte sodann nach seiner Verheirathung im Jahre 
1819 beständig hier. Noch bis wenige Tage vor 
seinem Tode als Leinenweber thätig, erfreute sich 
der Genannte einer ungewöhnlichen geistigen und 
körperlichen Rüstigkeit. (L. A.) 
— Haßsloch, 6. Juni. Unserer Gemeinde 
erwächst eine nicht geringe Ausgabe aus der Ver⸗ 
nichtung der Raupen im hiesigen Walde. Es 
wurden Anfangs 5 Pfg. für 100 Stüd bezahlt, 
dieselben sind aber in soicher Masse vorhanden, daß 
jetzt nut mehr 3 Pfg. fur 100 eingeliefette Raupen 
dezahlt werden. Die bereits vertilgten Thiere zählen 
schon nach dielen Millionen, man sagt über 40 
Millionen, und immer ist noch nicht abzusehen, 
bis wann man derselben nur einigermaßen Herr 
wird. 
— In Speyer fand vorgestern Abend die 
Versteigerung von Silber und Münzen des 
berstorbenen Herrn Heydenreich statt. Eine 
große Anzahl fremder Liebhaber aus Straßburg, 
Stuttgart, Baden Baden, Karlsruhe u. s. w. war zu 
dieser Versteigerung hierher gekommen. Sämmt—⸗ 
liche Werthgegenstände wurden meistens von Aus- 
wärtigen zu hohen Preisen ersteigert. In drei 
Wochen findet die Versteigerung von Diamanten 
statt, die einen ganzen Tag in Anspruch nehmen 
wird. 
— Speyer. Die in der letzten Zeit fersigge⸗ 
stellte Brücke uͤber die Flutbögen auf der badischen 
—A 
noch nicht eroffnet und zwar aus dem Grunde, 
weil man sich nicht einigen konnte, wer die Unter⸗ 
haltungskosten der neuen Brücke trägt. Der Pro⸗ 
jzeß dürfte indes bald ausgetragen sein. — Der 
Rhein wächst bedeutend. 
— Deidesheim, 6. Juni. Die Hydranten 
der Wasserleitung hier leisten für die Stadt wahre 
Wohlthaten. Bekanwlich, schreibt die N. Bzt., ist 
es Polizeibeschluß, alltäglich am Morgen und Abend 
die Straßen vor den Häusern mit frischem Wasser 
zu begießen resp. die Straßenrinnen auszuspülen. 
Dieser Arbeit sind die Bewohner der Haupistraße 
und baldigst auch die einiger Nebenstraßen, wohin 
die Leitung nun auch geführt werden soll, enthoben. 
Die Hydranten verrichten diese Arbeit in vortreff⸗ 
licher Weise. Wir sehen den Zeitpunkt nicht mehr 
so fern, in welchem die Wasserleitung eine Erweite⸗ 
rung durch sämmiliche Stadttheile erfahren haben 
wird. Nach sachkundigen Mutheilungen wäre das 
bestehende Wasserreservoir an der gedachten Höhe 
im Stande, noch viele Abstellhrunnen zu speisen. 
Es wäre eventuell auch aus dem Mühlthale nach 
Ergebnissen von Untersuchungen Seitens des Herrn 
Krämer aus Hardenburg Wasser genug zu beschaffen 
und der Stadt dienlich zu machen. Die Projec⸗ 
tierung einer Leitung aus dem Mühlthale dürfte 
fich hauptsächlich auf die Errichtung eines Schlacht 
hauses hier stützen und deren Ausfübrung weniger 
mehr in Frage stellen. 
— Ludwigshafen, 7. Juni. Von einem 
schweren Unglück wurde die Tagnersfamilie Heß 
auf dem Hemshof betroffen. Der acht Jahre alte 
Wilhelm badete gestern Nachmittag im offenen 
Rhein in der Nähe der Anilinfabrik und hat sich 
jedenfalls dabei zu weit in die Fluthen des eben 
r von decr Stromung ergriffen wurde und ertrant. 
Die braven Eltern des berunglückten Knaben wer⸗ 
—XLXL 
— In Freimersheim kann man bei 
Frau Oeffler ein vier Tage altes Huhn sehen, 
sas dierfüßig ist. Die dorderen Beine stehen 
an ihrem richtigen Platz; die hinteren Beine, die 
vollkommen eniwickelt find, stehen am Hinterteile 
des Leibes, und zwar in wagrechter Richtung. Das 
Thierchen, das recht munter ist, benützt zur —R 
vegung nur die vorderen Beinchen. (Ob dieses 
duhn nicht eine „Ente“ ist? D. R.) 
— Weisenheim. Gegenwärtiger Preis für 
die halbreifen Kirfchen 12 Pfg. Reife Erdbeeren 
und Traubenblüthen keine Seltenheit mehr. 
— In Grünstadt ergab die Sammlung 
ür das Sickingen⸗Denkmal den Betrag von 128 
Mark. 
Aeber das Unglug in Pennt Avanien 
zringt der Newyork Herald folgende Schilderungen: 
Die Einzelheiten deuten an, daß eine Stadt 
»on 25,000 Einwohnern thatsachlich aufgehört hat 
uu bestehen. Ein acht Meilen breiter Damm am 
Fuße eines Bergstes barst Freitag Nachmittag 4 
ihr, und die ganze furchtbare Wassermasse ergoß 
üch in einer unwiderstehlichen Lawine den Bergrücken 
hinab. Der See ist die Statte eines alten Wasser— 
heckens, welches den Pennsylbania:Canal speiste. 
Fr ist das Eigenthum einer Anzahl reicher Leute 
in Pittsburg, welche einen Fischetel- und Jagd⸗ 
Flub bildeten, und hieß früher der Conemaugh⸗See. 
Er liegt 200 bis 300 Fuß oberhalb des Niveaus 
don Johnstown und has stellenweise eine Tiefe von 
100 Fuß. Der See wurde von einem 110 Fuß 
hohen, 700 bis 1000 Fuß breiten und am unteren 
ende 90 Fuß dicken Damm zurückgehalten. 
Der reißende Strom hatte 18 Meilen zurückge⸗ 
legt und war 40 Fuß tief, als er sich über Johns⸗ 
own ergoß. Auf seiner Wanderung nach Johns⸗ 
own fegte er die Stadt South Fork mit 500 
dausern und 2000 Einwohnern, Mineral Point 
nit 800 Einwohnern, Conemaugh mit 2500 und 
Woodvale mit 2000 Menschen weg. Als er in 
das Thal hinabgelangte, klammerten sich Hunderte 
don Menschen an Bäumen fest, auf denen sie bei 
er ersten Kunde von der nahen Fluth eine Zu— 
lucht gesucht hatten. Die Bäume wurden ent⸗ 
vurzelt und mit ihrer menschlichen Fracht wegge⸗ 
führt. Johnstown ist eine volkreiche Stadt. In 
zerselben befindet sich die Cambria City an der 
Pennsylvanischen Eisenbahn, 49 Meilen von Altona, 
wo die ausgedehnten Hüttenwerke der Cambria Iron 
Company, welche etwa 1600 Personen in der 
Fabrikation von Eisen und Stahl für die Eisen- 
Jahn beschäftigt, gelegen sind. Urplötzlich wurden 
dauser, Fabriken und Brücken bewältigt und mit 
hren Insassen in einem riesigen Chaos den wü— 
henden Strom hinabgetrieben. Binnen einer halben 
Stunde ragten nur zwei Dächer in der Stadt aus 
dem Wasser empot. Die Truͤmmer geriethen in 
Brand, und die schwimmenden Flammen erleuchte⸗ 
len das verddete Thal. Die unglücklichen Einwohner 
waren gezwungen, von den brennenden Flößen in 
den Strom zu springen, und ihr Wehegeschrei, als 
iie alle Hoffnung aufgegeben, war fürchterlich. Die 
yvon den Gewässern fortgetriebenen Häuser thürmten 
sfich an der Johnstown-Brücke in einer a Meilen 
sangen und 40 Fuß hohen Masse auf. Die Masse 
war in Brand gerathen, und was die verschonten, 
fiel den Flammen zum Opfer. 
Eine erschütternde Scene spielte fich in der Nähe 
der Brücke ad, worüber ein Augenzeuge erzählt: 
Ein schönes Mädchen kam auf einem Dache heran⸗ 
jeschwommen, welches in die Nähe des Ufers trieb. 
das Mädchen flehte die Zuschauer an, sie zu retten 
uind ein großer brauner Bursche ging so tief ins 
Wasser als er konnte und rief ihr zu, mit einem 
Zrette nach dem Ufer zuzusteuern. Sie suchte diesem 
stathe nachzukommen und wirklich schien das ge⸗ 
hrechliche Dach, auf welchem sie stand, den Curs 
zu ändern. Da ging es unter ihr entzwei und 
as Mädchen versuchte nach dem Ufer zu schwimmen, 
iber in wenigen Minuten war es in den wirbelnden 
Bewässern verloren. Das Mädchen muß einen 
Schlag erhalten haben, denn es lag plötzlich blaß 
und ruhig auf dem Rücken. Männer und Frauen 
zu Dutzenden, paarweise und einzelne Kinder, 
große und kleine Knaben, Säuglinge, alles in 
furchtbarer Confusion, ertrinkend, verzweifelt kampfend 
ums Leben. Zwei Maänner auf einem dünnen 
Floße schossen in den wildesten Theil des Stromes 
hnen tniete ein weiß getleideies Vaocen 
der 7 Jahren, die Blicke nach dem Himmel 
cichtet. Sie schien wie gelähmt, als sie in 
Nähe der Beobachter kam. Dann richtete sie * 
Beficht nach denselben. Sie war so nahe, * 
mnan ihre Thränen auf den Backen sehen konni 
Die Männer am Ufer riefen ihr zu, den Muth nicht 
änken zu lassen und fie nahm wieder die betend— 
ZStellung ein. Gleich darauf verschwand sie im 
Wasser. „Sehen Sie dort den Baumzweig“, rief 
ziner der Zuschuer, „an dieser Stelle haden wir 
eine Menge Kinder untergehen sehen. Ich glaube 
nan wird spater dort hunderte von Leichen im Gebüsch 
inden.“ 
Eine Mutier wollte nicht gerettet sein, weil sie 
hre beiden Kinder nicht verlassen wollte. In den 
zrennenden Trümmern baten Leute um Messer 
„amit sie ihre eingezwangten Gliedmaßen abschneiden 
öonnten und wirklich sollen sich Einige auf diese 
Weise gerettet haben. In einer katholischen Kirch 
n welche sich die Menschen geflüchtet hatten, weil 
ie sich in cem soliden Bau sicher glaubten, brach 
Feuer aus und alle, die nicht ins Wasser sprangen 
rbrannten. Ein funf Monate alter Knabe wͤtde 
zus seiner Wiege gerettet und zwar auf dem Alle⸗ 
anyh⸗Flusse — 140 Km. von Johnstown entfernt. 
das Kind hatte als Gefährten zwei Hunde, welche 
uurz vor der Rettung des Kindes ertranken. Einige 
)er reichsten und hervorragendsten Bürger der Stadt 
ind sammt ihren Familien ertrunken: so der Viec- 
zräsident der Cambria⸗Werke, James Mr. Millan, 
er Kassirer der Nationalbank Howard Roberts 
und der Bankier John Dibert. Acht Zehntel der 
Jefundenen Leichen sind diejenigen von Frauen 
ind Kindern, was dadurch erklärt wird, daß die 
Maänner in Masse in den Fabriken umkamen. Die 
neisten Leute sind nactt, da die Kleider durch die 
Fluthen abgerissen wurden, welche so stark waren, 
zaß eine Auzahl mit Eisen beladener Waggons 
nebst drei Lokomotiven von einem Geleise weg und 
einige hundert Fuß fortgeschwemmt wurden. Es 
var daher Niemand möglich, sich einige Zeit 
schwimmend über Wasser zu halten. 
In New⸗Pork sind jetzt die ersten geschriebenen 
Nachrichten aus Johnstown aus der Feder von 
Journalisten eingegangen. Alle Berichte stimmen 
iberein, daß niemals festgestellt werden wird, wie 
sroß der Verlust an Menschenleben gewesen ist. 
30 000 Menschen bewohnten das Gebiet, und bis 
etzt sind nur etwa 9000 zum Vorschein gekommen. 
Pon den bis jetzt geborgenen 2000 Leichen sind 
nicht mehr als 600 erkennbar. Ganze Familien 
ind umgekommen. 124 Leichen wurden in einem 
inzigen Gebäude gefunden und häufige Schußwun— 
)en deuten an, daß einige aus Verzweiflung oder 
m Todeskampfe Selbstmord verübten. Es fehlle 
nicht an Warnungen, daß ein Unglück bevorstehe. 
Maͤn kennt nicht den Namen des umgekommenen 
Reiters, welcher wie wahnsinnig ritt, um die Ein⸗ 
vohner zu retten. Sie lachten als er war⸗ 
nend ausrief: „Nach den Hügeln!“ und ant 
vorteten: „Wir wollen warten, bis wir das 
Wasser sehen!“ 
Von der fast verschrundenen Stadt Johns—- 
own in Pennshlvanien meldet noch die National⸗ 
eitung“: Im Jahre 1852 war an dieser Stelle 
och ein unbedeutender Flecken von 1800 Ein⸗ 
vohnern. Erst nachdem die Cambria-Eisenwerke — 
zie bedeutendstey Bessemer⸗Stahlwerke der Welt — 
Jier eingerichtet wurden und mit ihrem nach und 
dach auf 7000 Arbeiter angewachsenen Heere der 
Ztadt ungeahnten Aufschwung brachten, entwidelte 
ie sich nicht allein zu ihrer jetzigen commerciellen 
tgedeutung, sondern wurde auch durch ihre Nuster 
inrichtungen die nach dieser Richtung hin bekann⸗ 
este Sicht der Union. Wahrend des leßzten 
Prasidenischafts ⸗Wahlkampfes, bei dem es sich, wie 
rinnerlich, um Freihandel und Schutzzoll handelte. 
vurden zu Millionen Photographieen der Arbeiter⸗ 
Jauser von Johnstown unter den Arbeitern der 
imion verbrenei, um ihnen zu zeigen, wie segens 
reich der Schutzzoll für diese Berufsklassen gewirk 
zabe. Jedes der Häuser für die Arbeiter hatte 
Zadeeinrichtung, es bestand für sie eine Vibliothek, 
ie hatten gemeinsame Einrichtungen für ihre dort. 
ildung. Seit 10 Jahren war kein Streit zwischen 
den Laͤtern der Siahiwerke und den Arbeitern vot · 
Jekommen. Die Häuser waren, obwohl aus Holz. 
n gefälliger Form und praktischer Einteilung ge 
aut Wastaus der gidble Teil der Arbeiter waren 
Jansee Sulaͤnde d Irlander. Ein Nemw— 
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