Full text: St. Ingberter Anzeiger

st. Ingberter Amziger. 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
der „St. Ingberter Anzeiger“ erscheint wochentlich fünfmal: Am Montag, Dienstag, Donuerstag, Samstag und Sonntag; 2mal wöchentlich mit Unterhaltungs⸗ 
ziatt und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteliährlich 14 40 — einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen 14 75 —, einschließliꝙ 
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auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, 1I3 , bei NReclamen 30 3. Bei 4maliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet. 
M 103. Donnerstag, 31. Mai 1883. 
—18. Jahrg. 
iti teinem entscheidenden Schritte gelangt. Man nimmt 
Politische Uebersicht. an, daß Deutschland seine Geneigheit, die Türkei 
Deutsches Reich. As Vierte im Bunde aufzunehmen, von dem Fort⸗ 
München, 29. Mai. Das kgl. Justizmini⸗ chreiten der Bahnbeamten und der militärischen 
terium hat die zuständigen Amtsrichter ermächtigt, Reformen auf der Balkanhalbinsel abhängig machen 
do daß Bedürfniß sich geltend gemacht hat, im werde. Die Türkei hat sich direkt nur an Deutsch- 
zaufe des Jahres die Schoffen an ihre Sitzungs - land gewandt, so daß mit Wien und Rom durch 
sage zu erinnern, ein Anspruch der Schöffen kann die Vermittlung der Berliner Diplomatie eventuell 
atauf jedoch nicht erhoben werden und es bleiben verhandelt werden müßte. So viel wir erfahren 
quch die Folgen des Ausbleibens wie seither bei vürde man dort gegen die Sache kaum etwas ein ⸗ 
ainmaliger für das Geschäftsjahr erfolgter Benach- jhuwenden haben. 
ichtigung aufrecht erhalten. Der Reichskanzler Fürst Bismarck wird 
Her„Nürnb. Korr.“ vernimmt aus zuverlässiger äch noch in dieser Woche nach Kissingen begeben 
Zuelle, daß die bayer. Staatsregierung Ausland. 
die Erhöhung der Gehalte der Justizbeamten bean⸗ Paris, 29. Mai. Der „Figaro“ sucht die 
ragen werde. Besorgnisse der Pariser zu steigern durch die Be— 
Berlin, 29. Mai. Dem Reichstag ging heute jauptung, Fürst Bismarckbeabsichtige, heimlich 
er italienische Handelsvertrag zu. Das Haus setzte Frankreich zu bekriegen, Savohen und Nizza an 
ie dritte Berathung der Novelle zur Gewerbeordnung Italien zurüchzugeben, England einen französischen 
nit ð 330 fort, wonach Tanzlustbarkeiten den Landes⸗ dafen, Belgien einen französischen Hafen, Belgien 
esehen unterliegen sollen. Ein Antrag Büchtemann- ranzösisch Flandern, der Schweiz Chablais und 
ichter will den Zusatz machen, daß Beschränkungen Faucigny, Spanien die Grenze des Roussillon und 
ꝛer Tanzlustbarkeilen für einzelne Volksklassen unzu- Ddeutschland ganz Lothringen mit Nancy und der 
assig sind und alle Gastwirthe einer Gemeinde gleich Freigrafschaft zu überlassen. () 
ehandelt werden sollen. Richter, Büchtemann und Paris, 29. Mai. Die Absendungen von 
zraun traten für den Antrag ein und wiesen auf Verstärkungen nach Tonkin wird jezzt mit fieberhafter 
ʒie politischen Beeinflussungen durch solche Conces- LTile betrieben. Außer den bereits in den Gewässern 
ionen hin. Blum erkannie die Berechtigung der von Tonkin und China sich befindenden französischen 
dendenz des Antrages an, will aber keine Neufor- driegsschiffen, von denen eine Eskadre unter den 
mulirung dieser Benimmung für ganz Deutschland. Befehlen des gefallenen Kapitäns z. S. Rivière 
—E 
prechen gegen den Antrag und für 88 330. Der ahrzeugen, die zweite unter den Befehlen des Contre— 
Antrag wurde mit 190 gegen 122 Stimmen ab⸗ Admiral Meyer aus 1 Panzerfregatte, 5 Kreuzern 
zelehni. Gegen denselben süͤmmten die Conservativen und 2 Kanonenbooten besteht, hat der Marinemi⸗ 
das Centrum, die Polen und Nationalliberalen. Zu nister die Formirung und Absendung einer dritten 
88 lag der Anirag Ackermann vor, den Beschluß Eskadre dorthin unter den Befehlen des Contre— 
det Commission wieder herzustellen, namentlich die Admiral Courbet, aus 8 Panzerschiffen und1 
Winkelconsulate wieder einzufügen. Nach längerer kreuzer zusammengesetzt, angeordnet. Man glaubt, 
Debatte wurde der Antrag abgelehnt. Um 484 daß die in aller Eile von Cochinchina nach Tonkin 
üUhr wird die Sitzung abgebrochen. In einer bgesandten Verstärkungen zur Stunde bereits in 
übendsitzung soll das Krankenkassengesetz erledigt danoi eingetroffen sind. Diese erste Verstärkung 
verden. don 1000 bis 1200 Mann wird, wie man hofft, 
Aus Berlin, 29. Mai, wird dem „Frkf. J.“ den neuen Oberbefehlshaber, General Bouẽt, in den 
eeschrieben: Die vatikanische Antwort isi in Berlin Stand setzen, sich sowohl in Hanoi wie im Nam-⸗ 
zereits eingetroffen und es wird mir versichert, daß Dinh zu halten, bis die von Frankreich abgeschickten 
ie keineswegs so schroff ablehnend sei, wie ,Ger- Truppen eingetroffen sein werden, was gegen den 
nania“ und Genossen glauben machen wollen. Die 10. Juli hin der Fall sein dürfte. 
sote ist ausweichend, aber hält den Faden für Fori- Betersburg, 29. Mai. Wäahrend der gestri⸗ 
ezung der Verhandlungen fess. gen Beleuchtung Wyy Stadt Petersburg * Un⸗ 
Das „Berl. Tgbl.“ schreibt: Seit einiger Zeit ordnungen vorgekommen. In Folge dessen hat 
ind zwischen der aen en und der e hjeute die Polizei die Kroönungsfeierlichkeiten hier 
raße GBerlin) Unterhandlung eingeleitet worden, Verboten. 
velche den Anschluß der Türkei an die Tripel⸗ 
lllianz bezwecken. In Konstantinopel waren, wie 
ins von dort geschrieben wird, zunaͤchst die Erwart⸗ 
Mäö»— dieser Beziehung sehr hoch gespannt. Man 
sich mit der Hoffnung auf einen Offensiv- und 
efensivbbund. Andesichts des defensiven Charaklers 
et deutsch⸗osterreichisch⸗italienischen Entente konnte 
sun davon keine Rede sein. Von Berlin aus 
man der türkischen Regierung zu verstehen ge⸗ 
daß es sich indessen bei einem Anschluß der 
— an diese Entente auch nur um eine Defen⸗ 
—39— bezüglich des europäischen Besitzstandes der 
en handeln könne. Wenn die Hohe Pforte etwa 
— in Egypten angegriffen würde, so 
* n die Mächte der Tripel⸗Allianz sich zu keinem 
reiten verpflichten und würden überhaupt eine 
ie des nichteuropäischen Besitzstandes der 
nicht zur Grundlage einer Allianz machen 
uen. Die Verhandlungen sind bisher noch zu 
weit Webenheim angezündetes Feuerwerk beob— 
achten. Dasselbe sollte zur Verherrlichung des Na— 
mensfestes unseres geliebten Kaisers Wilhelm J. 
beitragen. Kräftige Männerstimmen sangen ein⸗ 
und vierstimmig Lieder, die sich namentlich aus der 
Ferne prachtvoll anhörten. Das Arrangement dieser 
einfachen aber schönen Abendfeier besorgte der Pri— 
vatier Schwarz, der unter dem von ihm gern 
gehörten Namen „Hüw selkönig“ weit und breit 
hekannt ist. Wenn das Gepräge dieser Abendfeier 
auch nur einsach und recht dörflich war, so beweist 
es uns doch zur Genüge, daß in Webenheim die 
Liebe zum großen deutschen Vaterlande und die Sym— 
pathie zum kaiserlichen Oberhaupte desselben nicht 
erloschen sind. 
— Neustadt, 28. Mai. Der Verein pfäl— 
zischer Gymnasial⸗ und Studienlehrer hielt gestern 
im Saalbau dahier seine 17. Jahresversammlung 
ab. An derselben betheiligten sich ca. 70 Mitglie— 
der und wurden die Berhandlungen unter dem Vor⸗ 
iitze des Herrn Studienrektors Dr. Authenrieth von 
Zweibrücken um 11 Uhr vormittags eröffnet. Unter 
den Gegenständen, die zur Diskussion gelangten, 
dürfte einer nach der Pf. Pr. vorzugsweise geeignet 
sein, das allgemeinere Interesse in Anspruch zu 
nehmen. Im Anschluß an die Bemühungen ein— 
zelner Philologen aus fruüherer Zeit suchte nämlich 
der Vorsitzende die Vorstände und die einzelnen 
Lehrer der humanistischen Mittelschulen der Pfalz 
jür den Plan zu gewinnen, durch Sammlung von 
mundartlichen Wörtern und Redewendungen das 
Material für ein später zusammenstellendes pfälzisches 
Idiotikon d. i. Mundartenverzeichniß zu beschaffen. 
Dabei wurde richtig anerkannt, daß man für das 
Belingen dieser jedenfalls ebenso interessanten wie 
wichtigen Aufgabe der Mithilfe und Unterstützung 
weiterer Kreise nicht entraten könnte, weßhalb es 
sehr erwünscht wäre, wenn für diesen Theil vater⸗ 
ländischer Forschung das Interesse des gebildeten 
Publikums gewonnen und nutzbar gemacht werden 
könnte. 
— Freinsheim, 29. Mai. Hr. Lorenz 
Zaas von hier versandte heute bereits reife Kir— 
schen zum Preise von 70 Pfg. proPfd. Die 
irschenernte hätte somit hier begonnen. Auch von 
Weisenheim a. S. ist heute die erste Sendung 
cirschen, und zwar nach Elberfeld, abgegangen. 
— Eine der reichsten Kirschenernten seit vielen 
Jahren steht bei günstigem Witterungsverlauf in 
der Vorderpfalz in Aussicht. Die Aeste vieler 
Bäume biegen sich jetzt schon unter der Last ihrer 
Früchte, so daß sie von ferne wie Trauerweiden 
mzusehen sind. 
— Speyer, 28. Mai. Das Zentralkomite 
für die Wasserbeschädigten der Pfalz 
hatte am Schluß seiner Sammelthätigkeit noch baar 
in der Kasse: Mk. 1043141. 
Hiervon haben erhalten: 
das Hilfskomite in Frankenthal Mk. 611140, 
die vereinigten Komites in Lud 
wigshafen Mk. 211810, 
das Kantonal-Hilsskomite in 
Speyer Mk. 38176, 
das Hilfs⸗Komite in Germershein Mt. 67397, 
das Hilfs⸗Komite in Neustadt: 
für die Stadt und den Bezirk Mk. 20000 
für Winzingen Mk. 5000. 
das Hilfs⸗Komite in Zweibrücken 
für die Stadt Mk. 35000, 
s Bezirksamt Zweibrücken für 
die Landgemeinden des Bezirks Mk. 10000.