Full text: St. Ingberter Anzeiger

jener Fallitsache billigen und Sie als Ver— 
läumder belangen.“ 
„Vielleicht“, entgegnete Georg. „Sie könnten 
eugnen, an dem Complot Theil genommen 
zu haben, für Ihre Carriere über würde dieser 
Prozeß keineswegs von Nutzen sein, abgesehen 
davon, daß in ihrem Verfahren an jeuer Sache 
alsdann Manches klar wird, was jeßt noch 
den Gläubigern sehr räthsejhaft erscheint. Ich 
erwähne nur Eins. Das Falliment brach 
wenige Tage nach der Zahlung jener Verluste 
aus. Warum wurden diese Summen nicht 
in die Masse zurückgeworfen ? Die Gläubiger 
wissens nicht, das Gericht trat Ihrer Ansicht 
bei. Nach dem Prozesse aber würde man 
nicht mehr bezweifeln, daß es nur deshalb 
nicht geschah, um den Commerzienrath von 
allen Mitteln zu entbloͤßen und dem Herrn 
Helmes die Mittel zur Uebernahme der Firma 
qu lassen.“ 
Der Assessor schwieg. Helmes verließ sich 
auf den Juristen. 
„Was nun Sie betrifft,“ nahm Georg 
nach einer Pause wieder das Wort, indem er 
sich an den Bankier wandte, „so werden Sie 
wohl einsehen, daß das Gericht ihren Gefsell⸗ 
—V 
bares Uebereinkommen halten würde. Sie 
waren Buchhalter, als solcher durften Sie auf 
eigene Hand spekuliren, nicht aber mit dem 
Gelde Ihres Prinzipals.“ 
„Seien Sie ohne Sorgen, das Gefetz 
dann Sie nicht bestrafen,“ versetzte der Assessor 
gelassen. „Lassen Sie sich durch diesen Herrn 
nicht einschuchtern. Wenn er, oder der, welchen 
er vertritt, glaubt, uns was anhaben zu kön⸗ 
nen, so mag er seine Klage einreichen, wir 
sehen ihr ruhig entgegen.“ 
Georg erhob sich. „Ich verzichte darauf, 
bei dem Gerichte Schutz gegen Sie zu suchen,“ 
versetzte er ebeuso ruhig und gelassen, „ich 
werde an die öffentliche Meinung appelliren. 
Also entweder hören Sie meine Forderungen 
an und bewilligen dieselben, oder die Zeitung 
bringt- morgen einen ausführlichen Bericht über 
jene Unterhandlung in der Weinschenke, sowie 
uͤber ihr Verfahren in der Fallimentsache, und 
zwar mit Angabe aller Namen.“ 
„Das werden Sie nicht thun!“ rief der 
Assessor aufbrausend. 
„Ich werde es thun!“ fuhr Georg mit 
anerschütterlicher Ruhe fort. „Damit aber 
auch die Leser der Zeitung wissen, was zu 
dieser Machination gegen den Commerzienrath 
autrieb, werde ich die Ursache Ihres Hasses 
beufalls mittheilen und dabei bemerken, daß 
Sie derselbe Waldau sind, welchem der Bankier 
die Mittel zur Fortsetzung seiner Studien 
gab. Die Folge dieses Berichtes wird sich bald 
zeigen.“ 
Der Commerzienrath und Bölling waren 
inzwischen eingetreten. 
„Ich werde eine Verläumdungsklage gegen 
Sie einreichen,“ drohte der Assessor. . 
„So stelle ich dem Gerichle meine Zeugen 
vor“, erwiderte Georg. 
Der Assessor war aufgestanden und aus 
Fenster getreten. Das feste, sichere Auftreten 
Beorg ließ ihn nicht daran zweifeln, daß jener 
seine Drohung wahr machen werde, geschah 
dies, dann war er genöthigt, seine Entlassung 
aus dem Staatsdienst zu fordern. Er stand 
nuf dem Punkte, befördert zu werden, seine 
daufbahn war geschlossen, wenn die Zeitung 
enen interessanten Bericht in ihren Spalten 
drachte. — Helmes wußte nicht, wie er sich 
jerhalten sollte. Auch für ihn war jene Droh⸗ 
uing eine Lebensfrage, der Kredit würde ihm 
entzogen, seine Geschäftsfrennde brächen die 
Verbindung mit ihm ab,mit Schimpf und 
Schande müßte er von dem Schauplatze ab⸗ 
reten. — Die menschliche Natur ist ein 
stälhsel. Statt dem zu zürnen, der ihn von 
ziesem hohen Standpunkte hinunter zu stoßen 
drohte, traf sein ganzer Zorn den Assessor. 
Er hatte ihn verleitet, den Prinzipal zu stürzen 
and selbst den Gipfel zu erklettern, jetzt sollte 
er ihn auch stützen, ihm beistehen, dak er jenen 
Standpunkt behaupten konnte. Aber der 
Assessor kümmerte sich nicht um ihn, und dies 
var es, was den ehemaligen Buchhalter er⸗ 
zitterte. Er stand auf und näherte sich dem 
Juristen, um dessen Rath zu hören. 
„Wenn eine Position unhaltbar ist, so 
rettet ein umsichtiger Feldherr so viel er kann,“ 
antwortete der Assessor, der wohl einsah, daß 
von der Bereitwilligkeit des Bankiers, auf die 
porzuschlagenden Bedingungen einzugehen, auch 
sür ihn Alles abhing. „Wenn jener Mensch 
seine Drohung wahr macht. dann ist für uns